(ein Beitrag von Werner Fuchs, M. A.)

Ramsenthal liegt an einer der ältesten Bahnstrecken Bayerns und verdankt dies dem frühen Bemühen der Bayreuther Stadtväter um einen Bahnanschluss. Bereits am 18. März 1836, kaum vier Monate nach Eröffnung der ersten deutschen Eisenbahnstrecke von Nürnberg nach Fürth, ersuchten sie beim bayerischen König um eine Direktverbindung von Nürnberg nach Hof - leider vergebens.

Nach weiteren vergeblichen Versuchen erlangten sie schließlich von König Maximilian II. am 29. Juli 1852 zumindest die Bewilligung, eine Privat-Eisenbahn von Bayreuth nach Neuenmarkt als Zweigbahn mit Anschluss an die große „Ludwigs-Süd-Nordbahn“ bauen zu dürfen. Diese war vom Allgäu kommend, über Augsburg - Nürnberg - Bamberg, am 15. Oktober 1846 in Neuenmarkt und zwei Jahre später in Hof angelangt. Die Bauarbeiten an der Zweigbahn begannen im Oktober 1852 und konnten, gestützt auf umfangreiche Vermessungsarbeiten der „Königlichen Eisenbahn-Baucommission“ acht Jahre zuvor, in nur 14 Monaten abgeschlossen werden. Am 28. November 1853, dem Geburtstag Seiner Majestät, wurde die Eisenbahnlinie Neuenmarkt – Bayreuth unter überschwänglicher Beteiligung der Bayreuther Bürgerschaft feierlich eröffnet. Die Bahnlinie wurde, wie vorher vereinbart, sodann der Königlich Bayerischen Regierung in Pacht gegen einen jährlich an die Stadtgemeinde Bayreuth zu entrichtenden Pachtschilling von 55.000 Gulden überlassen. (siehe Robert Zintl, Bayreuth und die Eisenbahn)

Während Harsdorf und Trebgast bereits in den ersten Fahrplänen als Haltbahnhöfe aufgeführt sind, war das Verlangen der Ramsenthaler Bürger, vor Ort den Zug besteigen zu können, offensichtlich zunächst sehr gering. Der Haltepunkt Ramsenthal ist erstmals im Fahrplan von 1896 genannt, wofür die Eisenbahn sich anschickte, ein ordentliches Dienstgebäude (9,1 x 4,5 m, gemäß Originalplan des Kgl. Staatsbauingenieurs) mit Warteraum, Dienstraum, Holzlege und Aborten zu bauen. Am 6. November 1895 hatte sich die Gemeindeversammlung der Gemeinde Ramsenthal hiermit befasst. „Gegen­stand der Beratung bildete die Errichtung einer Haltestelle in Ramsenthal, hier die unentgeltliche Abtretung der Grunderwerbungskosten und Füllmaterials. Es wurde beschlossen:

1) den zur Haltestelle Ramsenthal erforderlichen Grund u. Boden in der an höherer Stelle festzusetzenden Ausdehnung u. Lage kostenlos an das kgl. Eisenbahnärar (die Eisenbahnkasse) abzutreten, wobei bemerkt wird, daß der Gastwirt Heinrich Nicklas acht Dezimalen (Anm.: 100 Dezimalen = 1 Tagwerk = 3.407 Quadratmeter) unentgeltlich abtritt und die übrigen benötigten Dezimalen dem Heinrich Nicklas gegen Entschädigung von 10 M pro Dezimale aus der Gemeindekasse Ramsenthal vergütet werden,

2) gestattet, daß das zur Herstellung der erforderlichen Terrasse benötigte Füllmaterial nach Einvernahme mit dem Wirte Nicklas aus dem rechts und unmittelbar nahe der Bahn liegenden Grundstücke entnommen werden darf. …“ (Aus dieser Passage der amtlichen Niederschrift der Sitzung sowie aus weiteren umfangreichen Recherchen des Verfassers geht hervor, dass das von der Bahndirektion Nürnberg einst genannte und seither an anderer Stelle öfter zu findende Baujahr 1873 sich nicht auf das gegenwärtige Bahnhofsgebäude beziehen kann. Möglicherweise war damit das vor etwa 30 Jahren abgebrochene Haus für Bahnbedienstete auf der östlichen Seite der Bahnlinie im heutigen Garten der Familie Dippold gemeint, das auch tatsächlich schon in der amtlichen, 1884 umgravierten Flurkarte Ramsenthals, verzeichnet ist.). Den Protokollbüchern der Gemeinde Ramsenthal um 1900 ist ebenfalls zu entnehmen, dass manche Bahnüberfahrten im Gemeindebereich von Ramsenthal aufgelassen und zumeist durch Durchlässe ersetzt wurden. Zwei höhengleiche Bahnübergänge blieben: in der jetzigen Alten Bahnhofstraße und in der Gartenstraße. Die Schranken wurden bis 1968 von Hand durch die Bahnwärter vom Bahnhofs­gebäude aus bedient, das 1906 nach Plänen kgl. Staatsbahningenieure um vier Meter Richtung Harsdorf verlängert worden war und nach Errichtung eines Nebengebäudes mit Aborten, Geräteraum und Holzlege nur noch einen geräumigen Dienstraum und einen großen Warteraum beherbergte.

Auch die Schranken in der „Lamagass“, der jetzigen Gartenstraße, wurden vom Bahnwärterhaus aus von Hand bedient. Da diese Schranken aber von dort aus nicht einsehbar waren, konnte man sie von Hand hochheben, für den Fall, dass ein Fuhrwerk zwischen den Schranken eingeschlossen wurde.

Seit 1968 ist das Ramsenthaler Bahnhofsgebäude nicht mehr personell besetzt. Besagtes Nebengebäude aus der Jahrhundertwende, südlich des Hauptgebäudes, wurde abgebrochen. Blink­licht­anlagen, teilweise mit auto­matischen Schranken, und ein Fahrkartenautomat ersetzen den Menschen. Verschwunden sind auch die Absperrung vor dem Bahnsteig, durch die der Bahnbedienstete nur Personen mit Fahrkarte oder wenigstens einer Bahnsteigkarte (für 20 Pfennig Mitte der sechziger Jahre, nach Angaben von Sophian Hahn, der damals dort Dienst versah) lassen durfte.

Am Bahnsteig: v. l. Meta Schwab, Adam Knauer, Vera Kraske, Evelin Knauer

 „Als die Bundesbahn im Jahr 1986 das nicht mehr benötigte Bahnhofsgelände in Ramsenthal an die Gemeinde Bindlach verkaufte, hatten die Gemeinderäte damals beabsichtigt, nach dem Abriss dort ein Gerätehaus für die Feuerwehr Ramsenthal zu errichten. Für 28.000 Mark hatte die Gemeinde den Bahnhof mit insgesamt knapp 1.000 Quadratmeter Grund erworben. Doch zwischenzeitlich formierte sich unter Federführung von Werner Fuchs eine Bürgergemeinschaft, die mit Nachdruck für den Erhalt des eisenbahngeschichtlichen und der Bürgerschaft vertrauten Gebäudes eintrat.“ (Nordbayerischer Kurier, 30.08.1995). Die Kernmannschaft, der auch Karl Hübner, Otto Arlt, Karl Jilek, Hans Dörfler, Rudolf Schuckert, Eckhardt Kegel und Josef Eckl angehörten, renovierte von 1993 bis 1995 unter gelegentlicher Mithilfe weiterer Bürger in unzähligen Stunden von Grund auf das mittlerweile heruntergekommene Bahnhofsgebäude, nachdem der Gemeinderat im März 1991 seinen Abbruchbeschluss aufgehoben und für Materialkosten sowie für unbedingt von Firmen auszuführende Instandsetzungsarbeiten zunächst 50.000 und später nochmals 20.000 Mark bewilligt hatte. Mehr als 250 Unterschriften Ramsenthaler Bürger hatten bewirkt, dass der Bindlacher Gemeinderat mit ganz knapper Mehrheit den Bau eines Feuerwehrgerätehauses am Bahnhof letztlich doch nicht in die Tat umsetzte, sondern stattdessen den Platz an der Schulstraße wählte.

Das Ende der Renovierungsarbeiten wurde am Sonntag, dem 10. September 1995 mit einer großen Einweihungsfeier, hervorragend ausgestaltet vom Gartenbauverein Ramsenthal, begangen. „Für ganz Ramsenthal war das Bahnhofsfest ein Ereignis. Einige Bürger aus Bindlach, voran Altbürgermeister Hans Steininger, fuhren dem Anlass gemäß mit der Bahn nach Ramsenthal. Werner Fuchs begrüßte nicht nur Landrat Dr. Klaus-Günter Dietel und Bürgermeister Hermann Hübner, sondern auch MdB Hartmut Koschyk, die Landtagsabgeordneten Dieter Heckel und Wolfgang Hoderlein sowie einige kommunale Mandatsträger.“ (Nordbayerischer Kurier, 12.9.1995)

Im ehemaligen Dienstraum wurde zwischenzeitlich von Mitgliedern des Museumskreises im Gartenbauverein ein Heimatmuseum eingerichtet. Besondere Erwähnung verdient hierbei ein von Jürgen Schomburg, Harald Schardt und Horst Langer in minuziöser Kleinarbeit gefertigtes Ortsmodell, das alle Gebäude, Straßen, Wege und wichtigen natürlichen Gegebenheiten von Ramsenthal, Bremermühle und Heinersgrund im Kleinformat darstellt.

Beim Bahnhofsfest 1995 v. l.: Sophian Hahn, Kreisrat Georg Riedel, Erich Dippold, MdL Dieter Heckel, Otto Arlt, Architekt Berthold Just, Sandra Just, MdB Hartmut Koschyk, Landrat Dr. Klaus-Günter Dietel, Karl Jilek, Werner Fuchs, Karl Hübner, Hans Dörfler, Bürgermeister Hermann Hübner, Magdalena Hübner
Foto: N. Prell

Ramsenthal hat damit auch noch zu Beginn des 21. Jahrhunderts nicht nur einen Bahnhaltepunkt mit einem im Winter beheizten Warteraum, sondern seit der Renovierung auch wieder einen besonderen „Bahnwärter“ in der Person Erich Dippolds, der ehrenamtlich über den gemeindeeigenen Bahnhof wacht.

Das Bahnwärterhaus