Über unseren Dialekt zu schreiben, ist gar nicht so einfach, obwohl die wenigsten mit dem Sprechen Probleme haben. Wie sollen wir uns eigentlich schreiben? „Ramserdeler“ oder „Ramsadela“ oder „Ramsadeeler“ ... ? Wir entscheiden uns für letzteres. Die Möglichkeiten, den Dialekt in Schriftform auszudrücken, sind unbegrenzt und zugleich eingeschränkt. Eine bessere Möglichkeit hat sich hierzu die Universität Bayreuth in Zusammenarbeit mit fünf weiteren bayerischen Universitäten geschaffen. Die Laute werden nicht nur mit den 26 Buchstaben des lateinischen Alpha­bets, sondern zusätzlich mit griechischen Buchstaben und verschiedenen Akzen­ten, Tilden usw. dargestellt. Daran scheitern leider die meisten Computer, weshalb die Unterlagen auch alle handschriftlich entstanden sind (und ganze Schrankwände füllen).

eine Seite aus den Aufzeichnung von Ramsenthal

Ziel des laufenden Projektes dort ist die Erstellung eines „Sprachatlas für Bayern“, wobei die Universität Bayreuth den Teil „Sprachatlas für Nord-Ost-Bayern“ übernommen hat. Der dortige Projektleiter Prof. Robert Hinderling, der uns freundlicherweise einen Einblick in seine Arbeit gewährt hat, spricht selbst hochdeutsch, ist aber in der Lage, anhand der verwendeten Lautschrift jeden Dialekt zu lesen und zu sprechen. Anhand der durchgeführten Erhebungen (in deren Verlauf für Ramsenthal u. a. Hans Weigel befragt wurde) konnte festgestellt werden, wie sich die Aussprache einzelner Wörter in verschiedenen Gegenden darstellt. Für jedes dieser erhobenen Wörter wurde in eine Landkarte Nordost-Oberfrankens eingezeichnet, wie die Aussprache ist. (Für jede Möglichkeit der Aussprache gibt es ein Symbol, das beim entsprechenden Ort in die Karte eingetragen wird.) Dadurch konnte man z. B. auch feststellen, dass einzelne Wörter bei uns die gleiche Aussprache haben wie in Pittersdorf, obwohl sie in näher gelegenen Orten ganz anders ausgesprochen werden. Der Grund dafür ist nicht bekannt. Ebenso gibt es bestimmte dialektische Ausdrücke, die nur in Ramsenthal verwendet werden. Momentan ist die Erhebung abgeschlossen und die Auswertung in vollem Gange. Der erste von sechs geplanten Bänden ist im Frühjahr 2004 erschienen. Vielleicht erfahren wir nach Abschluss der gesamten Arbeiten, was jedoch noch einige Jahre andauern wird, etwas mehr über unseren Dialekt.

Des weiteren wird von Dr. Eberhard Wagner (und Nachfolger) zur Zeit ein „Ostfränkisches Wörterbuch“ erstellt, dem auch Sophian Hahn zugearbeitet hat. Um die dialektischen Ausdrücke in Schriftsprache umzusetzen, wurden folgende Regeln erstellt, die wir auch für unseren Zweck nutzen wollen.

1. Die Buchstaben p und t werden sehr selten verwendet, da diese „harten“ hochdeutschen Konsonanten typisch fränkisch als „weiches“ b und d gesprochen werden, außer am Wortende (Auslautverhärtung). Gleiches gilt für k und ck, außer am Wortanfang vor einem Vokal (z. B. „Katz“).

2. Die Länge der Vokale wird immer gekennzeichnet, auch wenn das beim hochdeutschen Wort nicht der Fall ist, und zwar entweder durch Doppelschreibung des Vokals (z. B. „raang“ – rauchen) oder durch Dehnungs-h („Droht“ – Draht) bzw. –e („Gsief“ – Gesöff). Fehlt ein solches Dehnungszeichen, sind die Vokale immer kurz zu lesen.

3. Im Ramsenthaler Dialekt gibt es einen nasalen Vokal, der irgendwo zwischen a und o liegt (ähnlich dem „o“ in Onkel oder dem französichen „en“). Dieser offene O-Laut wird å geschrieben, da im deutschen Alphabet kein geeignetes Zeichen zur Verfügung steht („hårrich“ – schnell). (Diese Regel wollen wir aber nicht befolgen, da sich der Text sonst zu schwer liest).

4. Für den spezifischen fränkischen L-Laut (bei dem die Zunge zwischen den Zähnen zu sehen ist und der sich – einzeln gesprochen – wie ein Ausruf des Ekels anhört) wird kein besonderes Zeichen verwendet, da er immer nach einem Vokal gesprochen wird.

Nur ein „Ramsadeeler“ kann folgenden Satz aussprechen:
„Roll amoll na Rollo roo!“

Hier einige Dialektausdrücke, die vielleicht zum Teil schon in Vergessenheit geraten sind:

Was der Ramsenthaler tut

Bischala bäggn Reisig machen
bobbern, brodsln, lorbern nörgeln
broombln trödeln
brundsn, saang urinieren
dermaadschn zerdrücken
gadsn jauchzen, stänkern
greina weinen
hiedschn hinken
hedschn schaukeln
laabern lange reden, ohne etwas zu sagen
läddern saufen, verhauen
märbln drehend reiben
moggln trödeln
neikachln einheizen
neischiedn schnell trinken
nooschdiern ein heikles Thema ansprechen
odoo sich abtun, abrackern, sorgen
reha laut weinen
rumferschn schnell herumlaufen
schdadzn gestelzt laufen (bevorzugt nach ausgiebigem Biergenuss)
schdeibern stützen
schlaggern zittern (Schüttelfrost)
schiggn beeilen
schlorgsn laufen, ohne die Füße vom Boden zu heben
schnuuln leer reden
schumbern schubsen
schlabbn saufen
schbreißln schnell davonlaufen
schbradsln sprühen
wärng würgen, schnell arbeiten
worchern würgen, stopfen
zwischbern flüstern

 

Was der Ramsenthaler hat

a Ärfala, a Hämbfala eine Hand voll
Aufschbilhoodän Spüllappen
Bärchamaasder Bürgermeister
Bfoodschn Hand
Budslkuu Kiefernzapfen
Droodwaafn Telefon
Dulaggn Delle
Gadser, Hedscher Schluckauf
Gnoosch Gelüst
Glaasdä durch Fahrzeug verursachte Spuren, auch Eisenbahngleise
Glump/Graffl wertloses Zeug
Glodsofon Fernseher
Glundsn Spalte, Delle
Goller Pullover
Gollicht Kerze
Graudsbiebl Vogelscheuche
Guggän Tüte
Hedschagaul Schaukelpferd
Hellerer Maulwurf
Juppn Männerjacke
Kiedreek Kuhfladen
Lorbala Hasenkot
Ladderweechala Leiterwagen
Maala, Maadla Mädchen
Meigldiegla, Meichala Kopftuch
Miestsoor Jauche
Noochdrab später Nachwuchs
Oomods Ameise
Roowärn Schubkarre
Schlabbern loses Mundwerk
Schdärzn Topfdeckel
Schdraußscherm Blumentopf
Schbrenger Gießkanne
Schneidsdiegla Taschentuch
Schnaum Schnupfen
Schneiddeifala kleines, scharfes Messer
Schnerpfl des Mannes bestes Stück/Wurstzipfel (auch als Schimpfwort zu gebrauchen)
Schnorragags Kinderkreisel
Soorfooß Jauchefass
Suggala Ferkel
Zwiggala Wäscheklammer

 

Wie der Ramsenthaler ist

dabberd dumm, tölpelhaft
gnäschich wählerisch beim Essen
goochär völlig durcheinander
gwärflt gewieft
kobbanäggisch umständlich, wacklig
labberd weich
linn mild
pfäh empfindlich in Bezug auf Hygiene
saachnooß tropfnass
schebs schief, krumm
schwelg welk, kaputt
zweggert gut beieinander

 

Was der Ramsenthaler isst und trinkt

Ärpfl Kartoffeln
Baggala Rinde des Brotes
Bagschdaakees Limburger
Bauchschdecherla Kartoffelpuffer (halb grün/halb gekocht)
Breissnseidla 0,4 l Bier
Dämbfla Vorteig eines Hefeteigs
Duuglobfn Gugelhupf
Gedraa Getreide
Gließ Klöße
Gließabreggala geröstetes Brötchen als Füllung für den Kloß
Gmäch Mehlschwitze
Googä Hähnchen
Kimmerling Gurke
Laabla Brötchen
Moos ein Liter Bier
Naachala Neige, Rest im Glas
Ränfdla Endstück des Brotes
Seidla ein halber Liter Bier
Sembft Senf
Schweinsbroodn Schweinebraten
Zwiffl Zwiebel

 

Wie man den Ramsenthaler nennt (Übersetzung unmöglich)

für Kinder: für Männer: für Frauen: für beide:
Waggala Fregger Moggala Sauwaafn
Bedsaachala Saafnsieder Biebala Grischbala
Bädsala Blinzndiegl Blägn Leerwaafn
Worschdala Laadschkabbn Greimeichala
Scheißerla Gnibfl Ziebala
Dreegschboods Schnerpfl Graadschn
Schniebrundser Brundskundl
Schlagg Zusala
Ruudsgloggn Drudscherla
Saubelds Draamsusn
Graadschbaa Schmarndanda
Simbl Schbinodwochdl
Schnallndreiber Bisgurn
Säfdl Alda Groa
Pfeifnkubf Dreegdrischl
Alder Gnagger Bleeda Rehrn

 

Stationen im Leben eines Ramsenthalers

Auf die Welt kumma geboren werden
Daaf Taufe
Kinnerbeichdn Konfirmation
Hochzich Hochzeit
droo saa schwanger sein
aufs Aldndaal geh „in Rente gehen“
Leich Beerdigung

 

Wovon der Ramsenthaler sonst noch spricht

allamalädda all meiner Lebtage, schon immer
allawall alleweil, immerfort
amend vielleicht
ammich ziemlich
annera Gschwisder Kinner Großcousinen und –cousins
aufleina auftauen
awall einstweilen
aweng etwas, ein bißchen (auch zur Abmilderung zu gebrauchen: der is aweng bleed)
baarabblhart steinhart
edzerdla jetzt
fährdn letztes Jahr
fei, gell (nicht zu übersetzen, dient der Bestätigung des Gesagten: "des is fei kold heit, gell!")
Gwärch chaotische Zustände, Stress, Durcheinander
maunzn miauen
ninderavier hinter und vor (z. B. rennen)
nocherd(la) nachher
soodala so!, erledigt!
vordna ständig, immer
vorfährdn vorletztes Jahr
ziefern nieseln
Neijohrsheilichoomd Silvester
es giet nauswärts es wird Frühling
es draascht es regnet heftig
do kimmt des Horschdorfer Christkindla es gibt keine Geschenke
ach waaf! annähernd zu übersetzen mit: "meinst Du?", "wirklich?"
no freilich ja, aber ja doch

Das Fränkische macht noch an vielen Stellen Unterscheidungen, die es im Hochdeutschen nicht mehr gibt:

Wenn z. B. zwei Menschen beisammen stehen, kann es heißen: "Dort driem stenga zwuu". Gemeint sind dann zwei Frauen, die dort drüben stehen.
Heißt es dagegen: "Dort driem stenga zwee", sind es zwei Männer. Bei dem Satz: "Dort driem stenga zwaa", handelt es sich um eine Frau und einen Mann.

Ebenso wird zwischen der Joppn (Männerjacke) und der Jaggn (Damenjacke) unterschieden.

An der Bezeichnung für die Treppe kann man bereits erkennen, ob sie nach oben oder unten führt. Es gibt die Staffl (oder Keelerstaffl), die nach unten (in den Keller) führt und die Stieng/Stiech (oder Buudnstiech), die nach oben (auf den Dachboden) führt.

 

„Der Sell hot gsogt ...“

Der „Sell“ hat vermutlich seinen Ursprung in dem Wort der „Selbige“ und ist annähernd zu übersetzen mit „derjenige“ oder „irgendeiner“. Hier ein paar Kostproben:

„Worum greinst’n“ hot diesell Mudder ihrn Bum gfrogt. „No, der Vodder hot sich mim Hommer aufn Damma ghaut.“ „Obber braugst doch DU net greina!“ „Zaerscht hob ich ja aa glacht!“

„Dod na die Händ aus der Daschn“ hot dersell Polier gsogt, wie der Mauerer vom Grüst gfalln is, „dass aussicht wie a Ärbertsunfoll!“

„Vodder“ hot dersell Buu gsogt, „deine Fieß senn ober vill dreggerter als wie meina!“ „Noja, Buu“ hot dersell Vodder gsogt, „die senn ja aa dreißich Johr älder!“

Hot diesell Fraa zo ihrn Moo gsogt: „Den Hulzarbeiter, den wu der Baam derschlong hot, den sei Fraa, die hot fei 50.000 Mark vo der Versicherung grigt – und du Rindviech springst auf die Seitn!“